Kann man einen Hund vegan ernähren? Und gibt es irgendwelche Nachteile einer pflanzenbasierten Ernährung bei Hunden?
Es gibt wenige Themen, bei denen die Emotionen so hochkochen, wie eben bei diesem.
Glücklicherweise ist die vegane Ernährung bei Menschen mittlerweile weitestgehend etabliert. Da ist in meiner Wahrnehmung in der Akzeptanz in den letzten 10 Jahren eine ganze Menge passiert. Zumindest in Großstädten bieten die Supermarktregale mittlerweile eine große Auswahl an veganen Alternativprodukten. Diesen Trend setzt zunehmend auch bei Hundefutter ein. Und das sieht man auch an der rasant steigenden Anzahl der Studien zum Thema:
Die Studienlage zu pflanzenbasierter Ernährung von Hunden
Ein aktueller Review hat sich die Studienlage zu veganer Ernährung bei Hunden angeschaut. Die Autor*innen kommen zu dem Fazit, dass es bisher keine schlüssigen Hinweise gibt, dass pflanzenbasierte Ernährung negative Auswirkungen auf Hunde hat. Einige Studien legen sogar positive Effekte nahe (siehe weiter unten).
Zum Beispiel untersuchten Brown und Kolleg*innen die Auswirkungen von pflanzenbasierter versus fleischbasierter Nahrung auf Sibiran Huskies, die an Schlittenhundrennen teilnahmen. Jeweils 6 Hunde wurden über 16 Wochen mit vegetarischer oder fleischhaltiger Nahrung gefüttert. In 10 dieser 16 Wochen fanden Hunderennen statt. Es gab also eine enorme körperliche Belastung. Insgesamt wurden über diesen Zeitraum vier Blutproben genommen und die Hunde tierärztlich untersucht. Alle Hunde befanden sich in einer ausgesprochen guten physischen Verfassung und es konnten keine Mangelerscheinungen, Anämien oder andere Gesundheitsprobleme festgestellt werden.
Im Rahmen einer Masterarbeit an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien wurden 20 Hunde, die seit mindestens 6 Monaten rein pflanzlich ernährt wurden, tierärztlich durchgecheckt und Blut entnommen. Alle Blutwerte befanden sich im Normalbereich.
Auch in einer weitere Masterarbeit an der Lithuanian University of Health Science konnten keine nachteiligen Blutwerte bei veganer Ernährung ermittelt werden.
Auch in weitere Studien befanden sich fast alle gemessenen Werte der vegan ernährten Hunde im normalen Referenzbereich. In Einzelfällen wurden Abweichungen vom Normbereich gemessen, diese sind aber sehr wahrscheinlich auf bestehende Erkrankungen (zB Giardose) zurückzuführen – siehe weiterführende Literatur.
Ist vegane Ernährung für Hunde gesünder?
In einer Fragebogen-Studie wurden konventionelle, Rohfleisch- und vegane Ernährung für Hunde verglichen. Unter anderem ging es dabei um den Gesundheitszustand der Hunde.
54% der Hunde wurden mit konventionellem Futter ernährt (N=1370), 33% bekamen Rohfleisch (830) und 13% erhielten veganes Futter (336).
Die Ergebnisse zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund in den vorangegangenen 12 Monaten mehr als 1mal zum Tierarzt musste, deutlich geringer war, wenn er vegan oder mit Rohfleisch ernährt wurde (im Vergleich zum konventionellen Futter):
Außerdem ist – laut Aussage der Halter*innen – die tierärztliche Einschätzung des Gesundheitszustandes bei vegan ernährten Hunden besser als bei konventioneller Fütterung. Hier wurde kein Unterschied der Rohfleischfütterung zu den anderen beiden Fütterungsarten gefunden.
Auch wenn die Halter:innen selbst den Gesundheitszustand ihrer Hunde einschätzen sollten, schnitten vegan und mit Rohfleisch ernährte Hunde besser ab.
Es wurden noch verschiedene andere Messwerte erhoben, bei denen das konventionelle Hundefutter häufiger schlecht abschnitt als die beiden alternativen Fütterungsarten.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Hunde in der Rohfleisch-Gruppe signifikant jünger waren als die anderen beiden Gruppen, was natürlich auch einen gesundheitlichen Vorteil mit sich bringt und teilweise das bessere Abschneiden in dieser Gruppe beeinflussen könnte.
Leben vegane Hunde länger?
Auch in einer weiteren Umfragestudie bei nordamerikanischen Hundebesitzer*innen wurden gesundheitliche Vorteile der pflanzenbasierten Ernährung berichtet. Hunde, die veganes Futter bekamen, waren demnach seltener von Krankheiten der Augen und des Magen-Darm-Traktes betroffen. Außerdem lebten vegan ernährte Hunde länger (berichtetes Lebensalter 14,1 Jahre bei pflanzenbasierter Ernährung versus 12,6 Jahre bei fleischbasierter Ernährung).
Einschränkungen der Aussagekraft
Das klingt also alles schonmal ziemlich gut. Leider gibt es aus meiner Sicht in beiden Studien einige Schwächen, die die generelle Aussagekraft etwas schmälern:
- Es wird nicht klar definiert, was mit „konventioneller Ernährung“, „Rohfleischfütterung“ und „veganer Ernährung“ gemeint ist. Wie waren die Rohfleischrationen zusammengesetzt? Gab es veganes Trockenfutter oder selbst zusammengestellte Mahlzeiten?
- Die gewählten statistischen Methoden sind aus meiner Sicht nicht optimal und man hätte sicherlich mit einer moderneren Auswertung noch aussagekräftigere Ergebnisse erzielen können (betrifft vor allem Knight et al. 2022).
- Potentiell gibt es aufgrund der gezielten Proband:innen-Akquise in vegan-freundlichen Hundegruppen eine Verzerrung in den Daten. Zumal nicht ganz klar ist, welche Informationen die Teilnehmenden im Vorfeld über die Umfragen bekamen.
- Generell sollte man bei Fragebogenstudien in der Interpretation der Daten Vorsicht walten lassen, da verschiedene Wahrnehmungsverzerrungen eine Rolle spielen können.
Also auch, wenn starke Schlussfolgerungen aus den letztgenannten Studien nicht möglich sind, gibt es immerhin einen Anhaltspunkt. Und glücklicherweise wächst die Anzahl der Studien zur pflanzenbasierten Ernährung beim Hund stetig.
Hauptsache bedarfsdeckend!
Insgesamt ist die Datenlage noch recht dünn – vor allem, was peer-reviewed Studien in Fachmagazinen betrifft. Klar ist auch: vor allem bei selbst zusammengestellten Rationen besteht die Gefahr, dass wichtige Nährstoffe fehlen. Das gilt allerdings auch für selbstgekochtes fleischbasiertes Hundefutter und Rohfleischfütterung. Bei letzterer kommt noch eine nicht zu verachtende Gefahr durch diverse Krankheitserreger hinzu.
Vegane Ernährung für Hunde ist möglich!
Auch immer mehr Tierärzt:innen halten eine vegane Ernährung für Hunde für möglich. So schreibt die „Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.“:
„Eine vegane Ernährung wird im Erhaltungsstoffwechsel von Hunden nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls ohne erkennbare Schäden toleriert.“
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V., Merkblatt 183, „Vegetarische Ernährung von Hunden und Katzen“
Zusammenfassend kann man sagen: Wenn man darauf achtet, dass die Nahrungszusammensetzung bedarfsdeckend ist, ist es durchaus möglich, einen Hund vegan zu ernähren – auch wenn aus den aktuellsten Studien ein gesundheitlicher Vorteil der veganen Ernährung im Vergleich zu anderen Ernährungsformen nicht überzeugend ableitbar ist.
Einen Vorteil gibt es aber auf jeden Fall: die vegane Ernährung hat unter klima- und umweltbezogenen Gesichtspunkten die Nase vorn!
Referenzen:
Domínguez-Oliva, A., Mota-Rojas, D., Semendric, I., & Whittaker, A. L. (2023). The impact of vegan diets on indicators of health in dogs and cats: a systematic review. Veterinary Sciences, 10(1), 52.
Weiterführende Literatur
Cavanaugh, S. M., Cavanaugh, R. P., Gilbert, G. E., Leavitt, E. L., Ketzis, J. K., & Vieira, A. B. (2021). Short-term amino acid, clinicopathologic, and echocardiographic findings in healthy dogs fed a commercial plant-based diet. PloS one, 16(10), e0258044.
Davies, M. (2022). Reported Health Benefits of a Vegan Dog Food–A Likert Scale-type Survey of 100 Guardians. bioRxiv, 2022-05.