Über Fellfarbe und Verhalten

Ein Kapitel in meinem Buch „Die Persönlichkeit des Hundes“ dreht sich um die Frage, inwieweit die Fellfarbe verschiedene Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst. Während der Recherche zu diesem Thema bin ich in populärwissenschaftlichen Sachbüchern sowie Zeitschriftenartikeln immer mal wieder über Aussagen gestolpert wie „schwarze Hunde sind eher selbstsicher und handeln in Gefahrensituationen aktiv“, „blonde und rote Hunde sind stressanfällig und nervös“ oder „Hunde mit Agouti-Gen haben eine doppelte Anfälligkeit für Panik und emotionale Instabilität“. Erklärt werden diese angenommenen Zusammenhänge mit den gemeinsamen Produktionswegen von Melanin (dem Pigmentstoff) sowie den Hormonen Noradrenalin und Adrenalin und dem Neurotransmitter Dopamin (siehe Abbildung weiter unten). Auf den ersten Blick klingt das auch erstmal recht nachvollziehbar. Aber so einfach ist dann eben doch nicht.

Die Grundlagen der Fellpigmentierung

Fangen wir mal bei den Grundlagen an:

Die Fellfarbe eines Hundes wird vor allem durch die Pigmente Eumelanin und Phäomelanin bestimmt, welche aus der Aminosäure Tyrosin gebildet werden. Tyrosin wird in mehreren Schritten mit Hilfe des Enzyms Tyrosinase über die Stoffe Dopa und Dopaquinon zu Eumelanin und Phäomelanin umgewandelt. Eumelanin färbt dabei die Haare schwarz, während Phaeomelanin die Haare gelblich bis rötlich erscheinen lässt. Weiße Haare besitzen keines der beiden Pigmente. Die Intensität und Verteilung der Pigmente im Fell des Hundes wird von mehreren verschiedenen Genen gesteuert, die sich auch gegenseitig beeinflussen.

Sowohl Tyrosin als auch das Enzym Tyrosinase sind ebenso an der Bildung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin sowie des Neurotransmitters Dopamin beteiligt. Diese Gemeinsamkeiten in den Synthesewegen führt häufig zu der Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Melanin und dem Verhalten geben müsse.

Syntheseweg Eumelanin und Phäomelanin

Außerdem liegen den oben getätigten Aussagen die Annahmen zu Grunde, dass Phäomelanin Cortisol-Bindungsstellen im Gehirn und Rückenmark beeinflusst und Eumelanin einen Einfluss auf Bindungsstellen im Adrenalin/Noradrenalin-Stoffwechsel hat. Zusätzlich werden die sogenannten Melanocortine als mögliches Bindeglied zwischen Fellfarbe und Verhalten in Betracht gezogen. Melanocortine sind Hormone, die an verschiedenen Typen von Rezeptoren binden können und unterschiedliche Effekte bewirken, u.a. die Pigmentproduktion aber auch die Stresshormonproduktion. Ein Zusammenhang scheint also plausibel.

Klingt spannend, dachte ich und machte mich an die Recherche.

Ich habe drei Tage lang verzweifelt nach wissenschaftlicher Literatur gesucht, die diese Aussagen stützen könnten. Fündig wurde ich nicht. Dann schrieb ich Dr. Anna Laukner an. Sie hat über die Genetik von Fellfarben bei Hunden promoviert und zusammen mit Kollegen ein Buch darüber geschrieben. Anna hat mir prompt eine sehr umfassende Antwort geschickt. Und da ich es eh nicht besser beschreiben könnte, möchte ich sie an dieser Stelle einfach mal zitieren:

Hallo Marie, vielen Dank für die interessante Anfrage! Ich kenne keine Studie, die tatsächlich belastbar einen Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Verhalten beim Hund nachweist. Es gibt zwar ein paar Studien, die einen Zusammenhang herleiten, aber die Begründungen sind m.E. nicht wirklich nachvollziehbar (…) Wirklich aussagefähige Studien sind eigentlich kaum machbar, denn man müsste ja eine wirklich große Zahl an Welpen (am besten jeweils der gleichen Rasse oder sogar der gleichen Linien) unterschiedlicher Farben unter identischen Umweltbedingungen aufziehen, um wirklich vergleichen zu können – in der Praxis ist dies nicht machbar. Es gibt so viele Einflüsse, die auf die Verhaltensentwicklung eines Hundes einwirken. Die Rechnung „Melanin sowie Adrenalin und Thyroxin entstehen alle aus Tyrosin, darum muss es auch einen Zusammenhang im Verhalten geben“ ist viel zu simpel. Selbst Albinos, die ja keine oder nur sehr eingeschränkt Tyrosinase produzieren, produzieren normale Mengen Adrenalin, da in ihren Nebennieren eine andere Tyrosinase-Form produziert wird als in den Pigmentzellen. Und die viel zitierten MC1R (Melanocortin)-Rezeptoren sitzen in den Pigmentzellen, die Melanocortin-Rezeptoren in der Nebennierenrinde hingegen sind andere (MC2R). Weitere Melanocortinrezeptoren sitzen im Nervensystem (MC3R, MC4R). Also, wie gesagt, ich bin ziemlich zurückhaltend, wenn es darum geht, einen Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Verhalten herzuleiten.

Anna sieht hier also keinen physiologischen Zusammenhang, der den Einfluss der Fellfarbe auf das Hundeverhalten erklären könnte. Das deckt sich mit meiner erfolglosen Literatursuche.

Die menschliche Wahrnehmung

Außerdem fehlt auch noch ein ganz entscheidender Faktor in dieser Rechnung: Der Mensch und seine Wahrnehmung. So zeigen Studien, dass wir beispielsweise blonde Hunde als freundlicher und emotional stabiler wahrnehmen, als schwarze Hunde. Entgegen dieser Wahrnehmung zeichnet sich bei Hunden und Wölfen ein anderes Bild: Sowohl schwarze Hunde, als auch schwarze Wölfe zeigen weniger Aggressionsverhalten. Während in einer älteren Studie ein niederiger Cortisolwert in schwarzhaarigen Hunden gefunden wurde, konnten diese Unterschiede in einer aktuellen Studie nicht bestätigt werden.

Auch innerhalb verschiedener Rassen kann man Verhaltensunterschiede bei verschiedenfarbigen Rassevertretern beobachten. So zeigen zum Beispiel braune Labradore eine höhere Erregbarkeit, eine niedrigere Trainierbarkeit sowie häufiger auffällige Verhaltensweisen als ihre schwarzen oder gelben Rassegenossen. Dafür scheinen sie aber seltener von Furcht vor Geräuschen betroffen zu sein. Es bleibt allerdings offen, warum sich diese Unterschiede zeigen. Es wäre zum einen denkbar, dass die Mutation in dem Gen (TYRP1), die für die braune Farbe beim Labradort verantwortlich ist, auch einen Einfluss auf das Verhalten hat. Allerdings gibt es keinerlei Studien, die diesen Zusammenhang darlegen. Vermutlich wahrscheinlicher wäre es, dass die wenigen Hunde, auf die der braune Farbschlag zurückgeht, bestimmte Verhaltensweisen mitbrachten, die sich in der braunen, aber nicht in der schwarzen oder gelben Population verbreitet haben. Ähnlich könnte man sich den Zusammenhang bei anderen Modefarben vorstellen.

Hunde in „Modefarben“ (also z.B. chocolate oder merle) gelten oft als „hibbeliger“ als die klassischen Standardfarben. (…) Meiner Ansicht nach spielt aber eher eine Rolle, dass diese Modefarben eher gezielt (und zum Teil auch von eher unseriösen Vermehrern) gezüchtet werden, die Zuchttiere werden in solchen Fällen vorrangig nach der Fellfarbe (und weniger nach anderen Gesichtspunkten wie Wesen oder Gesundheit) ausgewählt, da sich diese Farben zur Zeit einfach sehr gut und zu horrenden Preisen verkaufen, und es wird nicht immer viel Mühe in die Sozialisierung gesteckt. Zudem suchen sich viele Käufer von Modefarben die Welpen vor allem nach der Farbe aus und suchen tendenziell auch eher ein „Accessoire“, investieren darum weniger Mühe in die Erziehung. Wenn man sich bei Rassen umsieht, in denen es klassischerweise braune und schwarze Hunde gibt (z.B. beim Deutsch Kurzhaar), so sind dort keine Wesensunterschiede zwischen braunen und schwarzen Hunden bekannt.

Es scheint also zum jetzigen Zeitpunkt keine hinreichende wissenschaftliche Grundlage zu geben, die einen klaren Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Verhalten darstellt. Annahmen, dass „gelbe Hunde panischer“ und „schwarze Hunde selbstbewusster“ seien, sind demnach aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar.


Ich danke Anna ganz herzlich für die sehr nette und ausführliche Antwort!

Das ist nur ein kurzer Abriss zum Thema Fellfarbe und Verhalten. Genauer beschreibt Anna diesen ganzen Komplex in ihrem Buch:


Mehr zu Faktoren, die die Persönlichkeit beeinflussen:


Weitere Referenzen:

Bennett, A., & Hayssen, V. (2010). Measuring cortisol in hair and saliva from dogs: coat color and pigment differences. Domestic Animal Endocrinology, 39(3), 171-180.

Cassidy, K. A., MacNulty, D. R., Stahler, D. R., Smith, D. W., & Mech, L. D. (2015). Group composition effects on aggressive interpack interactions of gray wolves in Yellowstone National Park. Behavioral Ecology26(5), 1352-1360.

Fratkin, J. L., & Baker, S. C. (2013). The role of coat color and ear shape on the perception of personality in dogs. Anthrozoös26(1), 125-133.

Lofgren, S. E., Wiener, P., Blott, S. C., Sanchez-Molano, E., Woolliams, J. A., Clements, D. N., & Haskell, M. J. (2014). Management and personality in Labrador Retriever dogs. Applied Animal Behaviour Science156, 44-53.

Platzer, J. M., Gunter, L. M., & Feuerbacher, E. N. (2023). Exploring the Domestication Syndrome Hypothesis in Dogs: Pigmentation Does Not Predict Cortisol Levels. Animals13(19), 3095.

13 Kommentare

  1. Ein interessanter Beitrag.
    Das eröffnet einem ganz andere Sichtweisen.

    LG
    Lisa

  2. Sehr interessant! Unbedingt weiter forschen. Möglicherweise kann man durch eine hohe Anzahl von Beobachtungen der Hundebesitzer auch auf eine wissenschaftliche Ebene kommen, zumindest auf einer Wahrscheinlichkeitsebene. Möglicherweise eignensich manche Rassen weniger dafür. Der Kommentar mit Flucht/Versteck – Verhalten ist auch nachdenkenswert. Möglicherweise gibt es auch Unterschiede bezueglichdes Geschlechts. Mein beiger Langhaar-Chihuahua Ruede ist jedenfalls genau wie beschrieben. Stark reaktiv auf Geräusche, Fluchtreaktion, Stress/ Angst kann durch beruhigende Einwirkung gemildert werden. Meine schwarze Chihuahua Kurzhaar Hündin das komplette Gegenteil zum Rueden, und somit auch wie im Text beschrieben.
    Aus meiner Zeit als Hundesitter fallen mir diverse Hunde, u. A. auch Mischlinge ein, die ins Schema passen. Und dann darf auch meine Erfahrung mit einer Black-Tan, Rottweilerhuendin nicht fehlen, die die Ruhe selbst war. Sie hob z. B. nicht einmal den Kopf, als ein Betrunkener über sie stolperte. Ich denke es lässt sich sehr wohl auf wissenschaftlicher Basis ein Zusammenhang zwischen Farbe und Charakter herstellen, nur nicht durch die bisherige Herangehensweise.
    LG. Gina

  3. Ein SEHR interessanter Beitrag,. Zu diesem Thema lese ich tatsächlich das erste mal etwas. Vielen Dank.

  4. an kann auch bei der französischen Bulldogge einiges anhand der Farben beobachten. Red Fawn und Tiger brindle sind oft mehr der Clown und haben ein höheres Temperament. Merle sind öfter triebiger und haben auch versteckte Fähigkeiten wie eine Neigung zu apportieren. Dark Brindle und schwarz ist öfter ruhiger und Selbstsicher. Falls man jetzt diese Theorie anwendet kann man vielleicht auf einen möglichen Zusammenhang schließen.

    Aber gehen wir einfach mal etwas tiefer in der Genetik und zur Entstehung dieser Hunderasse zurück. Es wurde in der Basis ein Hund festgelegt der diesen Namen tragen sollte und auch Farben und ein Typ wurde festgelegt. Bekannt ist heute das es eine Unmenge an Hunderassen brauchte um diesen Hund zu züchten. Jede einzelne brachte einen Geno und Phänotypen ins spiel und trug neben gewünschte auch unerwünschte Farben. In der heutigen zeit ist es so das man alte Werte (Standardfarben) gegen neue Werte Farben getauscht hat, aber auch ein höheres bedürfnis- auf einen gesunden Hund hat. Falls man sich jetzt ansieht, wie die Farben entstanden sind. Zufall durch ein weitergeben der Farbträger Eigenschaften über Generationen oder vielleicht doch alles nur genetische Zufälle? seit 1940 wurden gezielte Zuchtprojekte betrieben, um bestimmte Farben zu züchten. Cream sollte z.b einen fast weißen Hund ermöglichen ohne Taubheits Problematiken. Fawn wurde von einer Züchterin bekannt gemacht und setzte sich so durch das diese Farbe in den Standard des FCI übernommen wurde und war eigentlich ein Nebenprodukt von Cream was von dieser Züchterin damals angestrebt wurde aber erst öffentlich in einen anderen Kennel über ihre Linie gezogen wurde. Wie man auf diese Farben ohne die genetischen Möglichkeiten von Heute gekommen ist erklärt sich an Zuchtprojekte. Es wurde um schneller auf diese Farbe zu kommen nachgeholfen und Einkreuzungen gemacht. Jede diese Einkreuzung verändert den Pheno und auch Genotyp und das nicht nur über 7 Generationen. Vielmehr wurde auf Farbe und auf Typ selektiert, wodurch sich eine Verkürzung des Rückens und auch der Nase ergab. In der heutigen Zeit wissen wir das die Zucht nicht immer eine Verbesserung darstellt, sondern eine Veränderung der Mode und Nachfrage kann auch ernste medizinische Schwierigkeiten auslösen. Es gab leider kaum in über 120 Jahren eine Selektierung auf Charakter außer das aggressive Hunde aus der Zucht genommen wurden. Falls man jetzt versucht einen Zusammenhang von Charaktereigenschaften zur Farbe herzustellen ist das nicht ganz falsch. Jede dieser Einkreuzungen oder Kreuzungen auf Farbe oder Typenänderung hat auch den Gentyp und Phänotyp einer anderen Hunderasse mit sich gebracht. Leider war damals alles nicht so transparent und man muss schon sehr genau Schädelformen und Typen vergleichen und ei Video kann Gold wert sein und man sieht auf einmal den Typ Belgischer Griffon von Optik und Charakter in dem kleinen Franzosen. Falls man jetzt versucht jede Farbe einen Ursprung zuzulegen wird man schnell merken, das diese Eigenschaften immer der Einkreuzung geschuldet ist. Jetzt fragt man sich natürlich was zum Teufel haben die Züchter da gemacht? Sie haben gezüchtet und Sie haben auf ihre ziele selektiert und hatten nicht die Möglichkeiten der Züchter heute. Falls man in der heutigen zeit in diesen Bereichen züchtet stehen einen so viele Möglichkeiten zu Verfügung, die man nutzen kann, um gesundheitliche Defizite heraus zu züchten. Wir haben eine Merle Linie die in breiter Basis Geile Wirbelsäulen hat und das so wie diese bei einem Hund sein sollte und auch Charakter Eigenschaften sind wieder ein Thema in der Zucht. Es wird auch auf diese selektiert und somit hat man nicht nur einen Weg, sondern ein Ziel. Das Ziel ist es einen Charakterlich stimmigen Hund ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu züchten. Falls es jetzt einen Zusammenhang von Charaktereigenschaften bei Farben gibt ist es nicht nur ein Faktor ,sondern es sind jede menge Faktoren die eine Bedeutung haben.

    Aber auch andere Faktoren haben eine Bedeutung wie die wahrnehmung, Prägung und Sozialisierung. Auch dieses beeinflusst die Entstehung eines Charakters und einer Persönlichkeit. Ein grosser schwarzer Hund wirkt nicht nur für einen Menschen bedrohlicher wie ein grosser Weisser sondern auch für einen Hund. Somit ergibt sich auch hierdurch veränderungen durch Lernprozesse im Charakter !

  5. Hallo Marie,
    ich denke, Du vermischt in diesem Beitrag Aussagen, die Udo tätigt mit Aussagen à la „blonde Labbies sind ängstlicher als schwarze“. Auch vergleichst Du allgemeine Aussagen zu Tendenzen „helle Hunde sind eher ängstlich als dunkle“ mit physiologischen oder gar genetischen, kausalen Zusammenhängen zwischen Fellfarbe und Verhalten. Einen kausalen Zusammenhang kann es natürlich geben, wahrscheinlicher ist aber, dass entweder kodierende Gene für Farbe und Hormonproduktion nahe beieinander liegen oder bestimmte Allele einer Farbkodierung an anderer Stelle etwas beeinflussen, was seinerseits wieder auf die Hormonproduktion wirkt.
    Du schreibst ja selber, dass es erwiesen ist, dass schwarze Wölfe und Hunde weniger Aggressionsverhalten zeigen und einen geringeren Cortisollevel aufweisen. Welchen Einfluss der Cortisollevel auf Verhalten, Verhaltens- und Reaktionsmuster und damit auch die Persönlichkeit hat, weißt Du so gut wie ich. Zum Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Reaktivität ist auch einiges bei Pferden gemacht – hier scheinen die silberfarben betroffen zu sein (wenn ich mich recht erinnere). Ob dabei Aussagen zum Cortisollevel der Silbernen gemacht werden, weiß ich nicht. Auch gibt es bei Rindern einen Zusammenhang zwischen einem Dilution-Gen bzw. ein spezielles Allel, das die Fellfarbe „verwässert“ und einigen körperlichen Merkmalen. Ob es dieses Gen auch bei Hunden gibt, weiß ich nicht, kann mir das aber gut vorstellen. Wenn es das gibt, tragen sämtliche schwarze Tiere jedenfalls das „Nicht-Dilution-Allel“.
    Udo spricht bei Persönlichkeit praktisch ausschließlich von den A- und B-Typen, also reaktiv vs. aktiv. Diese zweigliedrige Einteilung der Persönlichkeit ist natürlich viel zu kurz gegriffen und betrifft lediglich einen Faktor der Big-Five-Faktoren, die emotionale Stabilität. Ebenso gibt es natürlich nicht nur entweder/oder bei den Typen oder Faktoren, sondern eine graduelle Ausprägung. Die Darstellungsweise von Persönlichkeit als Big-Five-Faktoren stammt (wie Du wahrscheinlich schon recherchiert hat) aus der Humanpsychologie, ist aber fast 1:1 deckungsgleich mit diversen Publikationen zu Persönlichkeit bei Tieren (habe dazu promoviert, daher weiß ich da recht genau bescheid, wenn Du willst, schick ich Dir gerne meine Diss und ggf. noch spezielle Literatur – da ist ja auch einiges an Hunden gemacht).
    Zurück zu den Big-Five: es gibt Persönlichkeitskonstellationen der anderen Faktoren, die ausgleichend auf ein Tier mit hoher Reaktivität/hoher emotionaler Instabilität (und damit einhergehendem höheren Cortisollevel) wirken bzw. die es dem Tier leichter bei der Stressregulation machen (z.B. sehr „offene“ bzw. neugierige Tiere). Somit kann man in meinen Augen zwar nicht von der Fellfarbe (nicht schwarz oder ggf. diverse „Hell-Abstufungen“) auf eine bestimmte Persönlichkeit im Ganzen schließen, mit guter Treffsicherheit jedoch auf den Reaktionstyp, der wie erwähnt in der Humanpsychologie „emotionale Stabilität“ genannt wird, in der Ökologie/Persönlichkeitsforschung bei Tieren „Aggressivität“.
    Was Du zu den Modefarben schreibst, ist ein wirklich guter Gedanke. Ich denke, hier spielt zusätzlich noch rein, dass Modehunde oft auch noch in ein völlig unpassendes Umfeld kommen, Stichwort Viszlar bei 60-Wochenstunden Workaholics-Innenstädtern.
    Viele Grüße
    Katharina

    • Hallo Katharina,
      danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ich kann dir an einigen Stellen leider nicht so richtig folgen. Welche Aussagen vermische ich womit? Ich stelle am Anfang des Artikels allgemeine Aussage dar, die nicht von mir kommen und die mMn keine wissenschaftliche Grundlage haben. Später im Verlauf erörtere ich kurz relevante Studien, die es zum Thema gibt (zum Beispiel die zitierte Labrador-Studie), aus denen man aber keine allgemeingültigen Schlüsse ziehen kann. Ich denke, das ist aus dem Text und aus den Zitaten von Anna ersichtlich.

      Wenn man der Metaanaylse von Fratkin et al. 2013 folgt (die ich für die fundiertestes und umfassendste Analyse in Bezug auf Hunde halte), gibt es keine 1:1 Übersetzung des BIG5-Modells. Ich halte es auch für massiv gefährlich, die BIG5-Kriterien einfach auf nicht-menschliche Tiere zu übertragen. Sie sieht die Reaktivität als einen Teil der Ängstlichkeit/Emotionalen Stabilität, die sich aus meiner Sicht nicht enfach mit der Neurotizismus-Dimension beim Menschen gleichsetzen lässt. Außerdem ist es auch ein Punkt, der mich an der Fratkin-Einteilung stört: Ich persönlich finde es nicht so glücklich, die Reaktivität zur Ängstlichkeit zuzuordnen. Ich würde sie eher als eine Art „Supertrait“ sehen, der alle anderen Persönlichkeitsdimensionen beeinflusst (also nicht nur die Ängstlichkeit, sondern auch Aktivitätslevel, Geselligkeit, Aggressivität und Trainierbarkeit). Aber das führt an dieser Stelle vermutlich zu weit. Würd mich aber über eine Diskussion/ Austausch darüber freuen (evt. an anderer Stelle).

      Und ich denke, man kann Studienergebnisse aus anderen Tierarten nicht ohne weiteres übertragen. So zeigen zum Beispiel dunklere Löwenmännchen sowie dunklere Individuen bei verschiedenen Vogelarten ein erhöhtes Aggressionsverhalten (Ducrest et al. 2008). Bei Hunden und Wölfen ist es – wie im Text beschrieben – eben nicht so.

      Ich halte also den Schluss, dass man den Reaktionstyp bei Hunden von der Fellfarbe ableiten kann, für nicht haltbar. Dafür gibt es aus meiner Sicht eben keine hinreichende wissenschaftliche Grundlage. Wenn es so einfach wäre, dass Eumelanin „selbstbewusstere“ Hunde machen würde und Phäomelanin „ängstlichere“, müsste es ja zum Beispiel in der Labrador-Studie Unterschiede bei den gelben und schwarzen Labbis bezüglich der Reaktivität geben. Gibts aber nicht.

      Viele Grüße,
      Marie

      • P.S.: Über einen Blick in deine Diss würd ich mich freuen 🙂

      • Hallo Marie,
        vielleicht habe ich das missverständlich ausgedrückt. Ich denke ebenso, dass Eumelanin und Phäomelanin keinen Kausalzusammenhang mit Ängstlichkeit hat. Schwarze Wölfe und Hunde haben aber wie Du schreibst einen niedrigeren Cortisollevel und zeigen weniger Aggressionsverhalten (Angstaggression? Wurde das getrennt in der Studie?). Da ist auf dieser Ebene also zumindest eine Korrelation. Persönlich vermute ich auch hier keinen Kausalzusammenhang bei Cortisol und „Nicht-Schwarz“, aber wer weiß.
        Bezüglich der Übertragbarkeit von Mensch auf Tier, umgekehrt oder generell überartlich halte ich es bei der Persönlichkeit genau wie bei allen anderen „Feldern“: erstmal überlegen, weshalb es aus einer evolutionären Sicht einen Unterschied geben sollte. Die BigFive sind natürlich sehr menschlich beschrieben. Wenn Du Dir die Beschreibung der BigFive bei Bagby et al. 1996, Tabelle 1 anschaust und mit den 5 Kategorien vergleichst, die Reale et al. 2007, S. 295 in einer Metastudie für Tiere definiert hat, findest Du jedoch eklatante Überschneidungen. Lediglich die Kategorie „Aktivität“ von Reale et al. als eigenes Persönlichkeitsmerkmal passt überhaupt nicht dazu. Aktivität (sprich Bewegung) jedoch als eigene Persönlichkeitsdimension zu definieren, halte ich für nicht sinnvoll. Reale et al. haben dafür nichts vergleichbares zur BigFive „Gewissenhaftigkeit“ gefunden. Da lässt sich aber gerade bei den Hunden etwas zur Trainierbarkeit finden, was in meinen Augen am ehesten der Gewissenhaftigkeit gleich kommt. Die von Dir genannte Metastudie kenne ich nicht, vielleicht steht da was drin, ansonsten habe ich in zwei Publikationen von Svartberg Hinweise gefunden. Einige Erlebnisse mit unserem 2. Hund – wissenschaftliche Belegbarkeit hin oder her – lassen für mich sowieso keinen Zweifel aufkommen, dass Hunde nicht sehr wohl gewissenhaft sein können. Und wenn Du da wieder bei Bagby et al. 1996 die Beschreibung liest, schlackerst Du mit den Ohren wie ähnlich das bei Tieren sein kann.
        Ich habe ein bißchen gebraucht bis ich das tierische hinter den sehr menschlichen Beschreibungen der BigFive-Faktoren gesehen habe. Der wichtigste Gedanke war immer: warum sollte es ausgerechnet beim Menschen anderes sein? Und: was steckt hinter den menschlichen Beschreibungen? Welche Verhaltensparameter haben die in den Rohdaten gemessen?
        Meine Diss, Reale et al. und Bagby et al. kommen per Mail.
        Viele Grüße
        Katharina

  6. Wie interessant, denn Frau Dr. Laukner hatte sich auch im Forum der Tibet Terrier gemeldet und wollte mit den Züchtern Fragen der Fellfarbe besprechen. leider weiß ich nicht, was daraus geworden ist.
    Socke ist blond und eigentlich die Ruhe selbst. Ich halte sie für eine souveräne Hündin. dennoch hatte sie lange Magen und Pankreasprobleme. Wir dachten, dass dies von einer Schneegastritis kam. Aber vielleicht ist sie doch sensibler als wir dachten.

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

  7. Saskia Katharina Siebel

    Hallo. Frag doch mal bei Udo Ganslosser nach. Bei ihm gibt es Vorträge zu diesem thema. Liebe grüße

    • Udo tätigt in seinem Bücher eben u.a. die beschriebenen Aussagen. Ohne dafür Quellen anzugeben. Deswegen bin ich erst zu diesem Beitrag gekommen 😉 Ich denke nicht, dass er noch andere Informationen hat (sonst hätte er sie ja dazu geschrieben), als Anna, die ja zum Thema promoviert hat 🙂

  8. Sehr spannend! Statt dem letzten Satz mit dem “aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar” würde ich angesichts der Lofgren Quelle und der Wolfstudie eher schreiben: „Bislang beobachtete Differenzen scheinen eher Zuchtspezifika und sozialen Wechselwirkungen geschuldet als der Fellfarbe selbst. Als Daumenregel zur allgemeinen Charakter-Prognose eignen sie sich ähnlich schlecht wie die Phrenologie (Kopfvermessung) beim Menschen.“
    PS: Ob weiße Pottwale aufgrund der mangelnden Tarnung entweder früh gefressen oder besonders aggressive Artgenossen werden? Flucht vs Versteck-Strategien dürften jedenfalls bei den meisten Spezies unterschiedlich erfolgsversprechend sein. Und stimmt die Melanin-Testosteron-Hypothese beim Menschen dann etwa auch nicht? Fragen über Fragen, Frau Doktor, ermitteln Sie!

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