Hunde begleiten uns in vielen Teilen unseres Lebens. Aber sehen sie die Welt auch so wie wir?
Auch wenn die Augen von Mensch und Hund auf den ersten Blick recht ähnlich aussehen (Bild 1), gibt es entscheidende Unterschiede im Sehvermögen.
Sind Hunde farbenblind?
Im Gegensatz zu uns Menschen sind Hunde Bichromaten. Das bedeutet, ihnen stehen nicht drei, sondern nur zwei verschiedene Zapfen-Arten zur Farbwahrnehmung zur Verfügung. Bei einer Form liegt die höchste Lichtwellen-Sensitivität bei ca. 555nm und damit im Gelb-Spektrum. Die zweite Form ist vor allem für kürzere Lichtwellen um 429nm empfänglich und befinden sich damit im Blau-Spektrum (siehe Bild 2)
Sie können zwar gelb und blau sehen, nehmen aber grün und rot nur als Abstufungen von gelb und blau wahr (Bild 3). Ihre Farbwahrnehmung ähnelt also der eines Menschen mit Rot-Grün-Blindheit.
Das Sichtfeld des Hundes
Etwas, das erstmal sehr offensichtlich scheint, aber eventuell genau deswegen manchmal vergessen wird: Je nach Größe des Hundes, hat er eine komplett andere Perspektive. Vor allem kleine Hunde können viele Situationen nicht gut überschauen (Bild 4). Dessen sollte man sich einfach bewusst sein, wenn sich z.B. auf einer hohen Wiese ein Artgenosse nähert, der für den kleinen Hund erst sehr spät sichtbar wird.
Die Größe des horizontalen Sichtfeldes (HS) ist durch verschiedene Faktoren beeinflusst:
- die Ohrform (ins laterale Gesichtsfeld hängend),
- die Fellbeschaffenheit (über die Augen hängend),
- die Position der Augen (seitlich oder frontal)
- sowie die Schnauzenlänge.
Demnach ist die Größe des HS stark abhängig von der Rasse. Es kann von 150° bis 240° reichen (Bild 5). Das binokulare Sichtfeld, in dem ein gleichzeitiges Betrachten beider Augen möglich ist und das ein räumliches Tiefensehen und Entfernungssehen ermöglicht, variiert zwischen 15° und 110°. Bei Menschen beträgt das HS ca. 180-190° mit einer binokularen Überschneidung von 110-140°.
Das vergleichsweise größere HS vor allem bei mittel- und langschnäuzigen Hunden dient vermutlich dazu, den Horizont besser abscannen zu können und Gefahren und Beutetiere früher zu erkennen. Mit dieser Eigenschaft sind sie sowohl bei der Jagd als auch beim Schutz eine große Hilfe. Kurzköpfige Hunde haben ein wesentlich eingeschränkteres Sichtfeld aber eine größere binokulare Überlappung und demnach mutmaßlich eine bessere Tiefenwahrnehmung. Allerdings gibt es dazu keine konkreten Daten.
Wie scharf sehen Hunde?
Die Sehschärfe ist unter anderem von den Photorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) und von der Anzahl der Ganglienzellen in der Netzhaut (Retina) abhängig. Dabei korreliert sie auch mit der Anzahl der retinalen Ganglienzellen. Menschen besitzen ca. 1 Mio. dieser Zellen, bei Hunden sind es lediglich ca. 100.000.
Während diese Zellen bei langschnäuzigen Hunden in einer eher gleichmäßigen horizontalen Linie über die Netzhaut verteilt sind (wie beim Wolf), bündeln sie sich bei kurzköpfigen Hunden an einer Stelle (Bild 6) – die Anordnung ähnelt damit der eines Menschen, allerdings ist die Dichte im Vergleich deutlich geringer.
Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung besteht die Annahme, dass Hunde mit langer Schnauze zwar eine niedrigere Sehschärfe im zentralen Bereich besitzen, aber besser den Horizont überblicken und auch periphere Bewegungen wahrnehmen können (Bild 7).
Auf der Netzhaut des Menschen befindet sich zusätzlich die „Fovea centralis“. Hier kommen ausschließlich lichtunempfindliche Zapfen vor, die für ein scharfes Bild sorgen. In den peripheren Bereichen der menschlichen Retina gibt es vor allem die lichtempfindlichen Stäbchen, die eher unscharfe Bilder liefern und bei zu starker Helligkeit kaum arbeiten (Vergleich siehe Bild 8).
Hunde besitzen im Gegensatz zu uns Menschen keine „Fovea centralis“. Ihre Retina ist vor allem stäbchen-dominiert.
Insgesamt haben Hunde eine 3 bis 8mal schlechtere Sehschärfe als Menschen. Allerdings hängt das auch von den Lichtbedingungen ab. Je heller es ist, um so schlechter die Hundesicht. An einem sonnigen Tag fällt die Auflösung der Bilder bis zu 15mal schlechter aus, während es unter Lichtbedingungen einer Vollmondnacht nur noch 2,5mal schlechter ist. Menschen sind also besser darauf angepasst, im Hellen Details zu erkennen, während Hunde vergleichsweise besser mit niedriger Lichtintensität zurechtkommen. Außerdem können sie deutlich besser Bewegungen wahrnehmen.
Wie Hunde vermutlich an einem sonnigen Tage sehen, siehst du auf Bild 9.
Vorsicht UV-Licht!
Wir Menschen können UV-Licht nicht sehen – es wird durch die Linse absorbiert und erreicht die Netzhaut erst gar nicht. Bei Hunden ist das anders. Bei ihnen wird das UV-Licht nicht herausgefiltert. Vermutlich können sie es als bläuliche Tönung sehen.
Da das UV-Licht die Zellen der Netzhaut schädigen könnte, ist es jedoch ratsam, dass die Hundeaugen vor allem bei starker und langanhaltender UV-Expositionen geschützt werden.
Können Hunde im Dunkeln sehen?
Hunde sind ungefähr 1000mal lichtempfindlicher als Menschen. Neben der stäbchen-dominierten Retina, einer größeren Linse und größeren Pupillen, die viel Licht hindurchlassen, besitzen Hunde das sogenannte Tapetum lucidum. Das Tapetum lucidum ist eine reflektierende Zellschicht, die dafür sorgt, dass die Lichtteilchen die Photorezeptoren zweimal passieren und somit auch kleine Lichtmengen optimal genutzt werden können (siehe Bild 10). Was bei hellem Licht ein deutlicher Nachteil ist, bedeutet auch, dass Hunde bei schwachem Licht (z.B. nachts) besser sehen können als wir.
Lange Anpassungszeit bei Hell-Dunkel-Wechsel!
Allerdings benötigen Hunde länger, um sich nach einem Hell-Dunkel-Wechsel an die Dunkelheit zu gewöhnen. Kommen wir von einem hellen Ort in die Dunkelheit, stellen die Zapfen die Arbeit ein und die Stäbchen fangen nach einer Regenerationszeit an zu arbeiten. Bei uns Menschen dauert eine erste Anpassung ca. 5 Minuten, während eine vollständige Umstellung ca. 30 Minuten benötigt. Bei Hunden dauert die Anpassung doppelt so lang: 10 Minuten für den ersten Schritt und 70 Minuten für eine vollständige Umstellung. Aber vor allem nach einem langen Aufenthalt in sehr heller Umgebung, kann die Dunkeladaption deutlich länger dauern.
Wieder ein sehr aufschlussreicher Artikel, vielen Dank dafür!
Gerade die Quellenangaben laden hier zum tieferen Eintauchen ein.
Ich erinnere mich an einen Vortrag/Seminar während meiner Ausbildung, wo die Sinne der Hunde auch detaillierter aufgegriffen wurden.
Hier wurden u.a. noch die Bilder pro Sekunde, die das menschliche bzw. Hunde-Auge sieht, verglichen.
Interessant auch hier: Der Mensch sieht mit ca. 50 Bildern/s – während der Hund ca. 70-80 Bilder/s wahrnimmt.
Neonröhren flackern mit einer Frequenz vom Stromnetz (ca. 50Hz), das wir Menschen halt nicht mehr als Flackern wahrnehmen – für uns ein gleichmäßiges Licht.
Der Hund hingegen hat hier eine Art Stroboskop-Effekt, schon erstaunlich was diese Spezies in unserer Menschenwelt so alles mitmachen muss, ohne dass wir es wahrnehmen oder uns Gedanken darüber machen.
Kleine Anekdote: Das hartnäckige Gerücht, dass Hunde nur
schwarz/weiß sehen, geht angeblich auch Pavlov (Glocke – klassische Konditionierung) zurück.
Pavlov hat angeblich im Zuge seiner Erkenntnisse bzgl. der Konditionierung versucht, Hunde auch auf Farben zu konditionieren.
Allerdings war der Erfolg hier wohl deswegen aus, weil Farben (z.b. Rot und Grün) gewählt wurden, die für ein bichromatisches Auge nicht gut zu unterscheiden sind.
Nach dem Misserfolg dieser Versuche wurde dann der Rückschluss gezogen, dass Hunde wohl nur schwarz/weiß sehen können.
(ggf. gestützt durch die bessere Sicht von Hunden in dunklen Szenarien).
Leider habe ich hier keine Quelle, sollte jemand mehr wissen würde ich mich über Info freuen.