Wer mit wem? – Das Sexleben von Hunden und anderen Caniden

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Hunde unterscheiden sich in ihrem Fortpflanzungsverhalten deutlich von anderen Canis-Arten. Man ist lange davon ausgegangen, dass diese Änderungen aufgrund der Anpassung an das enge Zusammenleben mit dem Menschen entstanden sind. Es gibt sogar Annahmen, dass Hunde hinsichtlich ihres Fortpflanzungsverhaltens „degeneriert“ sind, weil sie mit uns auf dem warmen Sofa sitzen, rundum versorgt werden und auch die Welpen mit unserer Unterstützung in unserem warmen Haus aufgezogen werden.

Doch es gibt auch eine alternative Erklärung. Kathryn Lord (ehemalige Studentin von Ray Coppinger) geht davon aus, dass die Änderungen das Resultat einer Adaption an einen anderen Lebensraum sind: Die Müllkippe.

 

Saisonabhängigkeit:

Mit Ausnahme des Hundes hängt die Fortpflanzung bei allen Canis-Arten von der Jahreszeit ab. Sowohl Weibchen als auch Männchen unterliegen dabei saisonbedingten physiologischen Veränderungen. Dies ist eine Anpassung an die Umwelt, damit die Welpen immer geboren werden, wenn auch genug Futter verfügbar ist. Hunde hingegen können sich das ganze Jahr fortpflanzen.

Müll wird auch konstant über das ganze Jahr produziert, also haben freilebende Hunde auch das ganze Jahr Futter zur Verfügung. Würden nun alle Hunde zur gleichen Zeit Welpen bekommen, würde es zu größeren Nahrungsengpässen kommen, als wenn die Würfe über das Jahr verteilt werden. Das Nahrungsangebot ist nicht saisonabhängig, also muss es die Fortpflanzung auch nicht sein. Es ist also eine günstigere Strategie, die Würfe auf das ganze Jahr zu verteilen.

 

Geschlechtsreife:

Die meisten Canis-Arten werden – je nach Größe – zwischen 1-2 (kleinere Arten, z.B: Schabrakenschakal) bzw. 2-3 Jahren (größere Arten, z.B. Wolf) geschlechtsreif. Die Größe bestimmt also die Geschlechtsreife (siehe Tabelle).

Wildlebende Hunde wiegen ungefähr 13 kg* und werden bereits mit einem Jahr geschlechtsreif. Da ihre Fortpflanzung nicht saisonabhängig ist, sind Hunde nicht auf bestimmtes Alter angewiesen und können loslegen, wenn sie fertig sind.

 

Paarbindung:

Bis auf den Hund bilden alle Canis-Arten Paare. Sie beschützen das Territorium zusammen, ziehen die Welpen gemeinsam groß und verteidigen sich gegenseitig gegen Konkurrenten.

Im Gegensatz dazu sind Hunde absolut promiskuitiv. Hündinnen paaren sich mit verschiedenen Rüden und Rüden paaren sich mit verschiedenen Hündinnen. Dabei bevorzugen beide Geschlechter jeweils ranghöhere Tiere.

 

Brutpflegeverhalten:

Die meisten Canis-Arten zeigen ein ausgeprägtes Brutpflegeverhalten. Beide Elternteile kümmern sich um den Nachwuchs. In guten Jahren beteiligen sich auch die älteren Geschwister bei der Jungenaufzucht (z.B. in dem sie Futter hervorwürgen). In Jahren mit schwierigen Bedingungen ist das nicht der Fall. Frei nach dem Motto:

„Du willst deine bereits gegessene Fleischmahlzeit nicht teilen?

Dann reck den Kopf nach oben und lass die Welpen nicht lecken!“

(Kathryn Lord, SPARCS 2015)

Bei Hunden kümmert sich weder der Rüde noch die Geschwister um den Nachwuchs (bzw. nur sehr selten). Auch die Mutter würgt deutlich seltener Futter hervor als bei anderen Canis-Arten (statt 7x am Tag, 5x pro Woche). Nach der Entwöhnung keinerlei Hervorwürgen von Nahrung mehr.

Hunde, die in/nahe Müllhalden leben, müssen nicht jagen – sie können also viel eher selbst für sich sorgen. Daraus resultierend können sich Hunde ca. aller 7 Monate reproduzieren. Quantität vor Qualität. Eine intensive Brutpflege ist nicht notwendig, schließlich ist sie auch sehr kostenintensiv.

Die Nachkommen andere Canis-Vertreter hingegen müssen versorgt werden, bis sie selbstständig jagen können. Die Zeit, bis der Nachwuchs selbst für seine Nahrung sorgen kann, muss also von den Elterntieren überbrückt werden.

 

Hier gibt es eine Übersicht des Fortpflanzungsverhaltens von verschiedenen Canis-Arten (modifiziert nach Lord et al. 2013):

 

  C. familiaris

Hund

C. lupus

Wolf

C. dingo

Dingo

C. aureus

Goldschakal

Saison-

abhängigkeit

Geschlechtsreife 1 Jahr

ca. 13 kg

2-3 Jahre

22-50 kg

2-3 Jahre

10-23 kg

1-2 Jahre

7-14 kg

Paarbindung
Brutpflege-verhalten Hauptsächlich Hündin Beide Eltern Beide Eltern Beide Eltern
Hochwürgen von Futter ✗ (selten)
Unabhängigkeit 10-11 Wochen 5-8 Monate 3-6 Monate 8 Monate
  C. adustus

Streifenschakal

C. simensis

Äthiopischer Wolf

C. latrans

Kojote

C. mesomelus

Schabracken-schakal

Saison-

abhängigkeit

Geschlechtsreife 1 Jahr

7-10 kg (?)

2 Jahre

11-19 kg

1-2 Jahre

9-18 kg

1-2 Jahre

7-14 kg

Paarbindung
Brutpflege-verhalten Beide Eltern Beide Eltern Beide Eltern Beide Eltern
Hochwürgen von Futter
Unabhängigkeit 6-8 Monate 6 Monate 4-5 Monate 8 Monate

 

 

* Wildlebende Hunde sehen sich weltweit relativ ähnlich und wiegen meist um die 13 kg.


Quellen:

Lord, K., Feinstein, M., Smith, B., & Coppinger, R. (2013). Variation in reproductive traits of members of the genus Canis with special attention to the domestic dog (Canis familiaris). Behavioural processes92, 131-142.

Vortrag Kathryn Lord, SPARCS 2015

 

Bildnachweis:

„i love you“ von LAURIE BURKE/Flickr unter CC BY 2.0

 

 

Ein Kommentar

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