Wie schon in vergangenen Beiträgen beschrieben, schätzen Besitzer die Gewichtssituation ihrer Hunde oft falsch ein. Ein Grund für diese falsche Wahrnehmung könnte sein, dass Übergewicht schlicht als etwas Normales angesehen wird. So könnten Bilder in den Medien die Wahrnehmung der Besitzer über eine optimale Hunde-Figur beeinflussen. Möglicherweise könnten auch die vermeintlichen Rasseideale auf Zuchtschauen zu einem falschen Eindruck beitragen. Oft genug hab ich schon gehört: „Labradore sind nun mal etwas breiter“ oder „Ein Beagle muss kräftig sein“.
Auf Basis entsprechender Literatur wurden zunächst 14 Rassen ausgewählt, die anfällig für Übergewicht sind (siehe Tabelle). Zum Vergleich wurden 14 Rassen bestimmt, von denen keine Neigung zum Übergewicht bekannt ist.
Anfällig für Übergewicht | Vergleichsrassen |
Labrador Retriever | Vizsla |
Cocker Spaniel | Springer Spaniel |
Golden Retriever | Flat-Coated Retriever |
Basset | Rhodesian Ridgeback |
Beagle | Petit Basset Griffon Vendéen |
Dackel | Irischer Wolfshund |
Sheltie | Pembroke Welsh Corgi |
Cairn Terrier | Border Terrier |
Scottish Terrier | West Highland White Terrier |
Cavalier King Charles Spaniel | Chihuahua |
Mops | Bichon Frisé |
Dalmatiner | Pudel (Standard) |
Boxer | Bullmastiff |
Rottweiler | Dobermann |
Nun wurden 40 Bilder jeder dieser Rasse ausgesucht (je 20 Hündinnen und 20 Rüden). Alle diese Bilder entstanden in den Jahren 2001 bis 2013 auf der Crufts, welche als größte Zuchthundeaustellung der Welt gilt. Bei der Bildersuche wurde folgende Kriterien beachtet:
- Das Bild zeigt den Hunde stehend und von der Seite,
- Der Hund muss eindeutig identifizierbar sein,
- Der Hund muss zwischen dem 1. und 5. Rang seiner Klasse platziert sein.
Von den insgesamt 1120 Bildern wurden 960 als geeignet betrachtet, um die körperliche Verfassung des Hundes zu beurteilen (die ausgeschlossenen Bilder zeigten Hunde mit langem Fell, bei denen eine optische Einschätzung des Körperzustandes nicht möglich war). Die geeigneten Bilder wurden dann von einem Experten beurteilt und nach Gewichtsklassen sortiert (Untergewicht, Normalgewicht und Übergewicht).
26% der Hunde sind übergewichtig
708 (74%) der abgebildeten Hunde wurden als idealgewichtig eingestuft. Keiner der gezeigten Hunde wurde als untergewichtig bewertet, aber 26% (252 Hunde) fielen in die übergewichtige Kategorie. Generell zeigte sich, dass Vertreter der Toy Breeds öfter als übergewichtig eingestuft wurden, während Gebrauchshunde seltener in diese Kategorie fielen. Übergewicht spielte interessanterweise keine Rolle bei der Platzierung. So wurden immerhin 27% aller erstplazierten Hunde ihrer Klasse als zu dick eingestuft – die Prozenzahlen der zweiten bis fünften Plätze sind ähnlich.
80% der Möpse zu dick
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Rassen gibt. Bei den Möpsen wurden unglaubliche 80% als zu dick klassifiziert, bei den Bassets sind es 68% und Labradore erreichen eine Quote von immerhin 62%. Wahnsinn!
Im Vergleich dazu wurde bei Pudel, Vizsla, Rhodesian Ridgeback und Dobermännern nur ein sehr geringer Anteil an übergewichtigen Showsiegern ermittelt (jeweils 2-5%).
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass ein großer Anteil der Sieger auf Hundezuchtschauen an Übergewicht leidet. Obwohl Übergewicht in der allgemeinen Hundepopulation noch häufiger verbreitet ist (bis zu 40% aller Hunde gelten als übergewichtig), sind die Resultate durchaus besorgniserregend. Da die Bilder dieser Zuchtschauen durch verschiedene Medien verbreitet werden, könnte so ein falsches Bild der vermeintlichen „Idealtypen“ einer Rasse entstehen. Deswegen ist es dringend notwendig, dass hier ein Umdenken stattfindet und die Züchter sowie Preisrichter stärker auf die Gewichtssituation der Tiere achten und somit dabei helfen, Übergewicht vorzubeugen.
Quelle:
Bildnachweise:
„Jagger the pug at 2013 Westminster Dog Show“ von Phil Nolan/ Flickr unter CC
„Labrador Retriever“ von Kai Ken/ Flickr unter CC
Bei Ausstellern wird mit den Hunden vor einer Show teilweise eine regelrechte Fettkur gemacht. Fett wird in Ausstellerkreisen leider sehr häufig mit Substanz verwechselt . Ganze Hundetypen werden im Gesamtbild immer schwerer gezüchtet. Der American Akita gleicht inzwischen mehr einem Molosser. An den Hund vom Urtyp erinnern bei so manchem Vertreter leider nur noch das Fell und die spitzen Ohren – sehr schade!
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