Der kommunikative Hundeblick

Hundeblick 2

 

Dass Hunde erkennen können, wann die Aufmerksamkeit eines Menschen auf sie gerichtet ist und wann nicht, fällt einem spätestens auf, wenn man beim Gassigehen telefoniert oder mit einer anderen Person spricht und der Hund macht, was er will. Auch wissenschaftliche Studien konnten zeigen, dass Hunde zum Beispiel ein verbotenes Stück Futter langsamer und seltener nehmen, wenn der Mensch den Hund anguckt, als wenn er abgelenkt ist. Zudem halten sie ein „Bleib“-Kommando länger durch, wenn die Aufmerksamkeit des Besitzers auf den Hund und nicht zum Beispiel auf ein Buch oder einen Fernseher gerichtet ist.

Eine Frage, die aus wissenschaftlicher Sicht aber noch nicht geklärt ist, wäre, ob und wie genau Hunde ihren Gesichtsausdruck als Antwort auf die Aufmerksamkeit des Menschen ändern. Früher ging man davon aus, dass die tierische Mimik ein sehr unflexibler Ausdruck des emotionalen Zustandes ist und weniger als aktive, willentliches Kommunikation dient. Dass dem nicht so ist, ist mittlerweile nicht nur Hundebesitzern, sondern auch Wissenschaftlern klar. Nichtsdestotrotz wurde bist dato noch nicht untersucht, welche Details sich genau im Gesicht des Hundes ändern, wenn die Aufmerksamkeit des Menschen auf ihn gerichtet ist und inwiefern diese Änderung in der Mimik einfach ein Resultat verschiedener Erregungslagen ist.

 

Untersuchung mit dem Dog-FACS

 

Genau diese Fragestellung haben Juliane Kaminski und KollegInnen nun untersucht. Dazu wurde mithilfe des Dog-FACS* die Aktivität von neun verschiedenen Gesichtsmuskeln (die u.a. für Ohren-, Augenbrauen- oder Lippenbewegungen zuständig sind) in vier verschiedenen Bedingungen gemessen:

 

  • Mensch schaut Hund an und hält Futter in der Hand
  • Mensch schaut Hund an und hält kein Futter in der Hand
  • Mensch dreht Hund Rücken zu und hält Futter in der Hand (für Hund sichtbar)
  • Mensch dreht Hund Rücken zu und hält kein Futter in der Hand

Die Anwesenheit des Futters soll dabei das Erregungslevel erhöhen.

journal.pone.0082686.g001

Bild von Waller et al. 2013, Plos One, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0082686.g001

 

Die Hunde zeigten deutlich mehr Bewegungen bestimmter Gesichtsmuskeln, wenn die Aufmerksamkeit der Versuchsleiterin auf sie gerichtet war. Dabei spielte es keine Rolle, ob Futter im Spiel war oder nicht. Vor allem das Heben der inneren Augenbraue (siehe Foto) und das Zeigen der Zunge unterschieden sich je nach Aufmerksamkeitszustand des Menschen. Die Relevanz dieser Augenbrauenbewegung hat auch schon in einem anderen Kontext gezeigt: Tierheimhunde, die diese Bewegung öfter ausführen, werden schneller adoptiert. Die Gründe dazu sind nicht ganz klar. Möglicherweise ähnelt diese Mimik einem traurigen Gesichtsausdruck beim Menschen, so dass wir mehr Empathie für diese Hunde entwickeln. Es ist aber auch möglich, dass diese Bewegung die Augen größer erscheinen lässt und damit dem Gesicht mehr kindliche Züge verleiht, die wir Menschen natürlicherweise bevorzugen.

Der Gesichtsausdruck eines Hundes spiegelt also nicht einfach dessen Erregungslevel wieder, sondern ist eine flexible Anpassung an die Kommunikation mit dem Menschen, der vermutlich nicht nur emotionale, sondern auch kognitive Prozesse zugrunde liegen.


 

* Dog-FACS:
Das sogenannte FACS (Facial Action Coding System) wurde in den 70er Jahren von Paul Ekman entwickelt und ermöglicht es, menschliche Mimiken objektiv zu erfassen. Mittlerweile wurde dieses System auf verschiedene andere Tiere übertragen.


Referenz:

Kaminski et al. 2017, Human attention affects facial expressions in domestic dogs, Scientific Reports

Sonstige Quellen:

Call, J., Bräuer, J., Kaminski, J., & Tomasello, M. (2003). Domestic dogs (Canis familiaris) are sensitive to the attentional state of humans. Journal of comparative psychology117(3), 257.

Schwab, C., & Huber, L. (2006). Obey or not obey? Dogs (Canis familiaris) behave differently in response to attentional states of their owners. Journal of Comparative Psychology120(3), 169.

Waller, B. M., Peirce, K., Caeiro, C. C., Scheider, L., Burrows, A. M., McCune, S., & Kaminski, J. (2013). Paedomorphic facial expressions give dogs a selective advantage. PLoS one8(12), e82686.

 

 

 

 

 

 

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