Demenz bei Hunden

© Kerstin Rudolph | Atelier Seidenmatt

Meine Mira war 15 Jahre alt und in manchen Situation ganz schön tüddelig. Bis zu welchem Grad ist das normal und ab wann deuten die Anzeichen auf eine Demenz beim Hund hin? Ein Fachartikel aus dem Jahr 2017 gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Dieser Beitrag fasst den Artikel in Kurzform zusammen:

Dass bestimmte kognitive Kapazitäten im Laufe des Lebens abnehmen, ist sowohl beim Hund als auch beim Menschen normal. Es gibt mittlerweile auch eine größere Anzahl an Studien, die verschiedene Alterungsprozesse beim Hund betrachten. Ähnlich wie beim Menschen kommt es bei Hunden zu einer Abnahme der Lernleistung, vor allem, wenn es darum geht, bereits Gelerntes umzulernen. Auch die Gedächtniskapazität lässt nach und die Kontrolle und Bewertung sowie eine flexible Steuerung kognitiver Prozesse nimmt ab.

Auf welche Symptome muss ich achten?

Für Hundebesitzer ist es wichtig zu erkennen, wann bestimmte Alterserscheinungen beim Hund vom normalen Alterungsprozess abweichen. Ein verhaltensneurologisches Krankheitsbild, das Hunde ab ungefähr 8 Jahren betreffen kann, ist das sogenannten Canine Kognitive Dysfunktionssyndrom (Englisch: Canine Cognitive Dysfunction, Abkürzung: CCD). Dieses Syndrom könnte man auch als Demenz beim Hund bezeichnen. Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch einen fortschreitenden Abbau bzw. Funktionsverlust der Nerven in der Großhirnrinde bzw. im Hippocampus, der zur Verminderung der kognitiven Fähigkeiten sowie zu auffälligen Verhaltensveränderungen führt.

Bei Hunden, die an dieser Krankheit leiden, fällt ein massiver Rückgang der Gedächtnisleistung sowie der räumlichen Orientierung auf. Sie zeigen häufiger zielloses Verhalten, reagieren weniger auf soziale Ansprache und zeigen Verhaltensänderungen, wenn sie allein gelassen werden.

Auch folgende Verhaltensweisen können auf CCD hindeuten (nach Landsberg et al. 2012):

Desorientierung

  • Hund „verläuft“ sich in der Wohnung oder in einem bekannten Gebiet
  • Er bleibt bspw. hinter einen Stuhl oder anderem Möbelstück „stecken“ und findet en Weg nicht zurück
  • Er starrt ohne Grund an die Wand oder auf den Boden
  • Er lässt Futter fallen und findet es nicht wieder
  • Er erkennt Familienmitglieder oder andere bekannte Personen nicht mehr
  • Er läuft gegen Türen oder Wände

Änderung des Schlaf-Wach-Rhythmus

  • Hund schläft tagsüber sehr viel
  • Er ist nachts häufig wach, läuft orientierungslos rum und/oder jault und winselt

Änderung des Aktivitätlevels

  • Er läuft ziellos umher
  • Er schnappt in die Luft
  • Exzessives Lecken von Personen oder Gegenständen
  • Er isst mehr und schneller

Verlust der Stubenreinheit

  • Hund setzt direkt nach Spaziergang Kot oder Urin in der Wohnung ab
  • Er setzt Kot oder Urin in sein Körbchen ab
  • Er zeigt nicht mehr an, wenn er raus muss

Erhöhte Ängstlichkeit

  • Er zeigt mehr Angst/Furcht vor Geräuschen oder optischen Reizen
  • Er zeigt mehr Angst vor bestimmten Orten oder Bodenbelägen
  • Er zeigt mehr Trennungsstress

Änderung der sozialen Interaktion

  • Der Hund begrüßt die Bezugsperson seltener
  • Er hat deutlich weniger Interesse gestreichelt zu werden und meidet den Kontakt
  • Er zeigt plötzlich Aggressionen gegenüber Menschen oder anderen Tieren
  • Er braucht ständigen Kontakt und ist deutlich anhänglicher als zuvor

Wie sieht Demenz aus?

Ein paar Beispiele, wie das aussehen kann, siehst du hier:

Über den Prozentsatz, wie viele Hunde von dieser Krankheit betroffen sind, sind sich verschiedene Wissenschaftler:innen und Tierärzt:innen nicht einig. Aufgrund fehlender einheitlicher Messmethoden (von diversen Fragebögen bis verschiedenen Verhaltenstests ist alles dabei – weitere Informationen zu den einzelnen Bewertungsmethoden findest du in der angegebenen Referenz), kommt es zu erheblichen Schwankungen. Während CCD nur bei ca. 1,9% der Hunde über 8 Jahre tierärztlich diagnostiziert wird, liegt der geschätzte Prozentsatz verschiedener Studien bei 14,2 – 22,5%.

Was kann man gegen Demenz beim Hund tun?

Laut verschiedener Studien können unterschiedliche Nahrungszusätze helfen, einer Demenz beim Hund vorzubeugen. So sollen Antioxidantien (Vitamin A und E), Liponsäure und Carnitin sowie Omega-3-Fettsäuren das Erkrankungsrisiko mindern, wenn sie schon im jüngeren Alter (ab ca. 6 Jahren) gegeben werden. Wenn die ersten Symptome des CCS bereits aufgetreten sind, können verschiedene Medikamente Milderung verschaffen (siehe Chapagain et al. 2017). Diese sollte selbstverständlich nur nach Absprache mit dem Tierarzt verabreicht werden.

Zusätzlich kann ein Beschäftigungsprogramm, das physische Aktivität, soziale Interaktionen sowie kognitive Herausforderungen umfasst, die kognitiven Funktionen älterer Hunde erhalten oder sogar verbessern. Generell kann Aufmerksamkeitstraining während der gesamten Lebensspanne das kognitive Altern verzögern.

Also auch wie beim Menschen gilt: Wer sich geistig und körperlich fit hält und sich abwechslungsreich ernährt, hat bessere Chancen, gesund zu altern.


Referenzen:

Chapagain, D., Range, F., Huber, L., & Virányi, Z. (2017). Cognitive Aging in Dogs. Gerontology.

Landsberg, G. M., Nichol, J., & Araujo, J. A. (2012). Cognitive dysfunction syndrome: a disease of canine and feline brain aging. Veterinary Clinics: Small Animal Practice42(4), 749-768.

Piotti, P., Szabó, D., Bognár, Z., Egerer, A., Hulsbosch, P., Carson, R. S., & Kubinyi, E. (2018). Effect of age on discrimination learning, reversal learning, and cognitive bias in family dogs. Learning & behavior46(4), 537-553.

3 Kommentare

  1. Demenz bei Hunden ist ein unterschätztes Thema. Ich kann mir gut vorstellen, dass es manchen Haustierbesitzern gar nicht auffällt. Insbesondere dann, wenn sie schon selbst etwas in die Jahre gekommen sind. Vielen lieben Dank für diesen wichtigen Beitrag!
    Beste Grüße
    Oli

  2. Unser 8 jährige Mischling ist noch geistig so fit wie ein junger Hund, gottseidank! Er wird sogar oft als Junghund geschätzt. Wir fordern ihn täglich mit Such- und Apportierspielen heraus, ebenso Denkspielen und füttern ihn sehr gesund mit rohem Fleisch, rohen Fleischknochen und frischem geraffeltem Obst und Gemüse, Nüssen, Samen und verschiedenen gesunden Oelen, Kokosnuss. Vieles, was auch uns Menschen gut tut. Er hat bisher noch nichts Süsses oder Künstliches erhalten. So hoffe ich, dass er noch lange jung bleibt. Danke für Ihren Artikel, am Ende dessen empfehlen Sie all dies, was wir bereits machen.

    • Ramona Ohnsorg

      Unser Dackel ist ein Leben lang körperlich und geistig hochaktiv gewesen, nun im Alter von 17 Jahren kommt die Demenz mit all den oben beschriebenen und gezeigten Symptomen. Er ist dementsprechend ein Pflegefall, aber ohne Schmerzen, mit Appetit und Lebensfreude, daher wird er gepflegt und umsorgt. Ich wünschte es gäbe dazu mehr Informationsquellen und Literatur…

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