Im ersten Beitrag zu dieser kleinen Clicker-Serie, habe ich beschrieben, auf welchen Mechanismen die Wirkung des Clickers beruhen könnte. In diesem Beitrag geht es nun darum, ob das Training mit Clicker (oder einem anderen sekundären Verstärker) effektiver ist, als ein Training ohne Clicker.
Oft wird gesagt, ein Hund würde schneller lernen, wenn man ihm etwas über den Clicker beibringt. Aber ist das tatsächlich so?
In zwei Studien wurden Clickertrainer gefragt, welche Punkte aus ihrer Sicht für das Clickertraining sprechen. Unter anderen wurden folgende Argumente angeführt:
- Hund lernt schneller
- Hund ist „glücklich“ und weniger frustriert
- Hund ist motivierter zu lernen
- Besitzer kann sein Timing verbessern
- Hund-Mensch-Beziehung wird gestärkt
- Kommunikation zwischen Hund und Besitzer wird verbessert
- Die Motivation des Besitzers ist erhöht
Allerdings sind das alles subjektive Eindrücke. Ob Clickertraining tatsächlich diese Effekte hat, ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht so eindeutig.
Die Effektivität des Clickers
Mittlerweile gibt es einige Studien mit verschiedenen domestizierten Tierarten über die Effektivität des Clickers bei dem Training einer bestimmten Aufgabe. Zwei der Studien wurden mit Pferden durchgeführt, eine mit Zwergziegen und drei mit Hunden. Es gibt also insgesamt sechs Studien, die die Effektivität des Clickers untersuchen. Und die Ergebnisse sind überraschend uneindeutig. Gerade mal eine davon – nämlich die mit den Zwergziegen – findet tatsächlich schnellere Lernraten in der Gruppe, in der der Clicker verwendet wurde. Dies ist auch die einzige Studie, bei der der Studienablauf völlig automatisiert ablief und der Mensch keinerlei Rolle spielte. Die Frage hierbei ist, wie übertragbar das in die Praxis des Hundetrainings wäre.
Eine Übersicht siehst du hier:
In der Studie von Chiandetti und KollegInnen lernen die Testhunde einen handelsüblichen Brotkorb aufzuschieben. Eine Gruppe wird mit Markerwort plus Leckerli belohnt, eine Gruppe erhält bei jedem richtigen Verhalten einen „Klick“ und ein Leckerli und für die dritte Gruppe gab es nur ein Leckerli für jedes richtige Verhalten – es fehlte also ein willentlich konditionierter sekundärer Verstärker. Die WissenschaftlerInnen haben gemessen, inwieweit sich die Gruppen in der Lerndauer unterscheiden. Und siehe da: Es macht keinen Unterschied, ob es neben dem Futter einen zusätzlichen sekundären Verstärker gibt. Die Hunde lernen also in allen Gruppen gleich schnell.
Einfluss auf Hund-Mensch-Beziehung?
Ähnliche Ergebnisse erzielte eine bisher unveröffentlichte Studie von Lynna Feng (vorgestellt auf der Pet Behaviour Science 2017 Open Conference). In ihrer Studie wurden die Hunde in jeweils zwei Gruppen sechs Wochen von ihren Besitzern trainiert. In der einen Gruppe benutzte der Besitzer während der Trainingssessions einen Clicker. In der zweiten Gruppe wurde auf ein intentional konditioniertes Signal verzichtet. Es gab insgesamt sechs Aufgaben. Dabei kam jede Woche eine neue Aufgabenstellung hinzu. Zusätzlich füllten die Besitzer einen Fragebogen aus, der Rückschlüsse auf die Beziehungsqualität zwischen Besitzer und Hund zulässt. Die Aufgaben umfassten:
- Hand als Nasentarget
- Objekt als Nasentarget
- Um sich selbst drehen
- Kinn am Boden ablegen
- „Tot“ stellen (oder Rolle)
- Auf den Platz gehen (oder Trick nach Wahl des Besitzers)
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es keine Unterschiede im Lernerfolg zwischen der „Food“ und „Clicker“-Gruppe gab. Auch hatten die Besitzer in beiden Gruppen vergleichbar viel Spaß beim Training und hielten vergleichbar lange durch. In beiden Gruppen gab es innerhalb der sechs Wochen einen ähnlichen Abfall der Trainingsintensität. Die Vermutung, dass die Besitzer durch das Clickertraining motivierter sind, konnte also nicht bestätigt werden. Zudem hat der Einsatz des Clickers im Vergleich zum Training ohne Clicker keinen Einfluss auf die Beziehung zwischen Hund und Besitzer.
Auch Smith & Davis (2008) konnten bei einer einfachen Aufgabe (Kegel mit Nase anstupsen) keine Unterschiede in der Lerndauer zwischen einer Clicker-Gruppe und einer Kontrollgruppe feststellen. Wenn allerdings der primäre Verstärker in beiden Gruppen weggelassen wurde (in der Clickergruppe gab es aber nach jedem Nasentouch noch ein „Klick“), wurde das Verhalten in der Clickergruppe länger gezeigt als in der Kontrollgruppe. Das Verhalten war also in der Clickergruppe löschungsresistenter. Diese Ergebnisse sprechen erneut dafür, dass der Knackfrosch als sekundärer Verstärker selbst auch eine verstärkende Wirkung hat (siehe Artikel „Wie funktioniert ein Clicker“).
Verarbeitung des Clickers über die Amygdala?
Immer wieder wird behauptet, der Clicker sei deswegen so effektiv im Training (was er ja de facto nicht ist), weil der „Klick“ direkt über die Amygdala verarbeitet werden würde. Das ist einer der vielen Mythen, die rund um den Clicker durch die Hundewelt wabern.
Die Amygdala ist Teil des limbischen Systems und ist unter anderen an der emotionalen Bewertung von Reizen beteiligt. Auch bei der Furchtkonditionierung spielt sie eine wichtige Rolle.
Der Ursprung dieses Mythos ist eine Vermutung, die Karen Pryor in einem ihrer Bücher geäußert hat. Sie ging davon aus, dass das möglicherweise der Grund dafür sei, dass die Arbeit mit Clicker effektiver wäre.
Tatsächlich sagte sie selbst bereits 2001 in einem Blogbeitrag dazu:
„That is the hypothesis, based on various previously unconnected bodies of research; it is not data or evidence“.
Bis heute – mehr als 20 Jahre später – hat sich daran nix geändert. Es gibt also keinerlei wissenschaftliche Belege für diese Annahme.
Fazit
Entgegen der subjektiven Wahrnehmung der Anwender gibt es keine wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass Hunde mit Hilfe eines Clickers schneller oder besser lernen. Auch scheint weder die Freude des Besitzers am Training noch die Motivation des Hundes vom Einsatz eines Clickers abzuhängen. Außerdem gibt es keine Hinweise darauf, dass die Beziehung zwischen Besitzer und Hund durch Clickertraining gefestigt wird.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Clicker ein überflüssiges oder gar schlechtes Trainingsmittel ist. Vor allem, wenn der Besitzer sich mit der Bedienung des Knackfrosches wohl fühlt und es ihm ein besseres subjektives Gefühl bereitet, spricht selbstverständlich nichts gegen den Einsatz dieser Trainingshilfe. Auch sind die Studienaufbauten in allen Publikationen recht ähnlich und es gibt im Alltag sicherlich abweichende Trainingssituationen in denen der Einsatz eines Clickers möglicherweise Vorteile bringt.
Nichtsdestotrotz gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine wissenschaftliche Grundlage, die den Rückschluss auf eine höhere Trainingseffektivität aufgrund des Clickers zulässt.
Weitere Beiträge der Clickerserie:
Referenzen:
Feng, L., Howell, T., Bennett, P. (2017). Questioning the clicker: Perceived and actual benefits of clicker training companion dogs, Pet Behaviour Science 2017 Open conference, 24.11.2017
Hallo Marie,
ich finde Deine Artikel wirklich informativ! Ich bin zur Zeit auf der Suche nach einem passenden Hund für mich und beschäftige mich auch mit verschiedenen Rassen, die für mich in Frage kämen. Von vielen Seiten habe ich schon gehört, dass Clickertraining wohl unerlässlich sei, fande das persönlich aber schon immer etwas merkwürdig. Dass Du zu dem Fazit kommst, dass das Training mit Clicker nicht unbedingt besser sein muss, beruhigt mich auf jeden Fall etwas 😀
Ich werde auf jeden Fall weiter Artikel auf Deinem Blog lesen, super interessant, informativ und auch für „Laien“ verständlich!
Liebe Grüße,
Lisa
Lieben Dank für das Kompliment 🙂
Hallo Marie!
Erstmal muss ich dir sagen, dass du wirklich eine ganz tolle Webseite hast mit sehr hilfreichen Blogbeiträgen!
Und nun möchte ich auf diesen Beitrag eingehen:
Ich persönlich denke, dass Klicker-Training nur für den Halter wirklich vom Vorteil ist.
Natürlich wird mit dem Klicker dem Hund klar und vor allem ohne jegliche Emotionen bestätigt, ob er etwas richtig oder falsch gemacht hat, aber ich bin trotzdem kein Klicker-Vertreter.
Bisher habe ich (leider) nur Menschen getroffen, welche den Klicker benutzten, weil sie selber zu faul sind, viel (bitte in Relation sehen!) Arbeit in den Hund zu stecken… so ist zumindest mein Fazit.
Diese Menschen, haben einfach keine Lust sich mit dem Hund und dessen Lernmethoden auseinander zu setzen..
Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt.
LG Samy von meintraumdog.de
Naja der Clicker ist vor allendingen praktisch für den Halter.
Die ganzen aufgeführten Argumente hört man ja gern aus der rosa-gewaltfrei-Wattebausch Richtung um sich den Clicker schön zu reden.
Ich habe beides gemacht – Clicker und ohne … beides geht gut.
Persönlich schätze ich aber am Clicker, dass man eindeutig kommuniziert – einmal mehr oder weniger ohne Emotionen belohnen kann was sich gut macht wenn man verärgert ist und zweitens über größere Distanz ein verhalten aufbauen kann (z.B. bei einem 10 oder 20m entfernten Hund ein Umdrehen und orientieren aufbauen). Zudem eignet sich ein Clicker wegen seiner Eindeutigkeit bei anderen Tierarten wie Kaninchen oder Hühnern weil man da einfach nicht so ein „Menschleseverhalten“ beim Tier ausgeprägt hat.
Was ich auch noch als wichtig empfinde sind timingsensitive Sachen wie Tricks. Da halte ich durch die Präzision der angekündigten Belohnung den Clicker im Vorteil.
Ansonsten reicht aber auch ein Markerwort oder eindeutige Gesten und Lob. Bei letzterem bin ich sogar der Meinung das das beziehungsfördernd ist (ich weiß gar nicht wie die auf die Idee kommen das das der Clicker sein soll) weil man sich als Mensch und Halter deutlich einbringt.
Aber mal gut das die ganze Geschichte richtig gestellt wird. Man muss halt mit seinem Hund richtig umgehen und kommunizieren – da brauchts keinen magischen Clicker.
PS: Du hast hier einen Datenschutzhaken der nicht angezeigt wird unterm Formular.
Weißt du ganz zufällig, was ich machen könnte, damit der sichtbar wird?
Ob nun Clicker, Markerwort oder eindeutige Gesten, dass sind ja alles sekundäre Verstärker, und die Studie wollte herausfinden, ob diese nun einen Einfluss auf das Lerntempo haben. Ob ich nun Clicker verwende (Nachteil: das Geräusch macht einigen Hunden angst), ein Markerwort (muss sich natürlich von der Umwelt abheben) oder eine eindeutige Geste als sekundärer Verstärker spielt keine Rolle.