„Sprechen“ Hunde miteinander? – Teil 1

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Ob Hunde durch Lautäußerungen kontextspezifisch miteinander kommunizieren, galt lange als umstritten. Man ging davon aus, dass Bellen ohne optische Signale wie Körperhaltung und Mimik bedeutungslos sei und keinen Informationsgehalt besäße. Doch in den letzten Jahren wird diese These immer mehr in Frage gestellt.

 

Hunde bellen kontextspezifisch

 

Schon vor einigen Jahren konnten ungarische Wissenschaftler zeigen, dass Menschen verschiedene Bellarten unterschiedlichen Kontexten zuordnen können, ohne den bellenden Hund sehen zu können. So erkannten die Versuchspersonen , ob eine vorgespielte Bellsequenz in einem spielerischen, ängstlichen oder aggressiven Kontext aufgenommen wurde.1

 

In einer aktuellen Studie haben Peter Pongrácz und seine Kollegen von der ELTE Universität in Budapest nun die kommunikative Rolle des Bellens in der intraspezifischen Kommunikation zwischen Hund und Hund untersucht.2 Dabei wurde den Versuchshunden auf ihrem heimischen Grundstück das Bellen eines bekannten und eines unbekannten Hundes vorgespielt. Das Bellen wurde vorher in zwei verschiedenen Kontexten aufgenommen: Wenn der Hund alleine war oder wenn sich ein Fremder dem Zaun näherte. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Versuchshundehunde länger in der Nähe der Geräuschquelle (in der Nähe des Zaunes) aufhielten, wenn sie einen fremden Hund im „Fremd“-Kontext bellen hörten. Außerdem stimmten sie im „Fremd“-Kontext öfter in das Gebell ein – egal ob der bekannte oder unbekannte Hund Laut gab. Wenn sie das Bellen des bekannten Hundes im „Allein“-Kontext vernahmen, orientierten sie sich mehr in die Richtung des Hauses, (da sich dieser zum Zeitpunkt des Versuches im Haus aufhielt). Diese Studie zeigt also, dass Hunde am Bellen sowohl die Identität ihres Artgenossen erkennen als auch den Kontext des Bellens unterscheiden können.

 

Bellen enthält Informationen zum Alter und Geschlecht des Hundes

 

Auch eine weitere aktuelle Studie untersucht, welchen Informationen Hundebellen beinhaltet. Doch hier haben die Wissenschaftler einen anderen Ansatz gewählt: sie untersuchen die aufgenommen Lautäußerungen mittels einer Software auf Merkmale, die Kategorisierungen zulassen.3 Im Fokus der Studie stand dabei, ob man durch die Tonaufnahmen das Alter, Geschlecht und den Kontext vorhersagen kann.

 

Dazu wurden 800 Bellsituationen von 8 Mudis aufgezeichnet. Der Mudi ist eine ungarische Rasse und offensichtlich ziemlich bellfreudig. Ähnlich wie in der Studie zuvor, wurden die Lautäußerungen in verschiedenen Situationen aufgenommen: Wenn der Hund an einen Baum angebunden und allein gelassen wurde, wenn eine fremde Person bedrohlich auf den Hund zuging, wenn sich ein Fremder dem Grundstück näherte, wenn der Besitzer einen Ball oder die Futterschüssel vor den Hund hielt, wenn der Besitzer mit dem Hund herumtollte und sich für einen Spaziergang bereit machte. Die Software konnte aus diesen Aufnahmen Merkmale extrahieren, die das Geschlecht und das Alter sowie die Identität des Hundes vorhersagen. Nur mit dem Erkennen des Kontextes hatte die Software ihre Schwierigkeiten. Das liegt vermutlich daran, dass nur einzelne Laute und keine Lautsequenzen zur Auswertung verwendet wurden. Da aber Feldstudien bereits gezeigt haben, dass sowohl Menschen als auch Hunde (siehe oben) durchaus verschieden Kontexte beim Bellen unterscheiden können, liegt die Vermutung nahe, dass die Pausen zwischen den Bellauten wichtig sind um Kontextinformationen herausfiltern zu können.

 Im zweiten Teil zu diesem Artikel gehe ich der Frage nach, ob auch Hundeknurren kontextspezifische Informationen transportiert.

Referenzen:

1 Pongrácz, P., Molnár, C., Miklósi, A., & Csányi, V. (2005). Human Listeners Are Able to Classify Dog (Canis familiaris) Barks Recorded in Different Situations. Journal of Comparative Psychology, 119(2), 136.

2 Pongrácz, P., Szabó, E., Kis, A., Péter, A., & Miklósi, A., (2014). More than noise?—Field investigations of intraspecific acoustic communication in dogs (Canis familiaris). Applied Animal Behaviour Science, 159, 62-68.

3 Larrañaga, A., Bielza, C., Pongrácz, P., Faragó, T., Bálint, A., & Larranaga, P. (2014). Comparing supervised learning methods for classifying sex, age, context and individual Mudi dogs from barking. Animal cognition, 1-17.

 

Ein Kommentar

  1. Sehr interessanter Artikel. Ich bin kürzlich nach Ungarn gezogen und langsam verändern sich meine zwei Barsois. Hier sind die ungarischen Hunde an der Kette, leben Draußen, verbellen jeden und sind Nutztiere. Ein Barsoi will auch Nachts Draußen liegen, der andere Barsoi verbellt jeden. Sie wollen weniger Gassigehen und an den meisten Abenden sitzt ein Barsoi im Garten und „bellte mit einem anderen Hund“ (so kommt es mir vor, der eine bellt, wobei er weit weg, also nicht sichtbar ist, dann kurze Pause, dann bellt mein Hund usw.) Ich frage mich, ob die ungarischen Hunde meinen Hunden mitteilen können, wie sie leben.

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